Bei der Evaluierung von Risiken geht es um Dinge wie „wie schlimm ist es“ und „wie viel Aufwand ist es, etwas dagegen zu tun“. Das klingt einfacher als es ist, vor allem für Menschen, die nicht an Risikomanagement gewöhnt sind. Den emotionalen Aspekt gibt es nämlich auch noch. Ganz schreckliche Vorfälle scheinen häufiger vorzukommen als weniger schreckliche. Denken Sie dabei zum Beispiel an Flugangst. Fliegen ist bei weitem die sicherste Art zu reisen, aber ein Sturz aus vielen Kilometern Höhe löst rege Schreckensszenarien in der Fantasie aus! In diesem Blog werden wir versuchen, das Risiko von SUDEP zu bewerten, damit jeder eine faire Chance hat, seine eigene Entscheidung zu treffen.
Was ist SUDEP? Es wird auf der Website der SEIN (Stichting Epilepsie Instellingen Nederland) erklärt. Im nachfolgenden Video wird SUDEP auf Englisch beschrieben.

Asmund mit Tochter und Sohn
Menschen mit ständigen epileptischen Anfällen sind häufiger mehr gefährdet (infolge eines Anfalls) zu sterben als solche, die keine Anfälle haben. Nachts besteht die Gefahr, dass jemand unerwartet infolge eines Anfalls stirbt (Sudden Unexpected Death in Epilepsy, SUDEP). In den wenigen Fällen, in denen eine nähere Untersuchung möglich war, schienen die Personen nach einem tonisch-klonischen Anfall gestorben zu sein, wobei diejenigen innerhalb einer Viertelstunde langsam wegsackten (Epilepsie, 2. Juni 2015, Brian J. Dlouhy u.a.). Für diese Buchrecherche wurde weltweit nach Menschen gesucht, die SUDEP zum Opfer gefallen waren, während sie an einem Überwachungsgerät angeschlossen waren und denen dennoch nicht geholfen werden konnte. Zum Glück (allerdings nicht für die Statistik) waren es nur neun Personen. Alle neun starben innerhalb von 1.000 Sekunden nach einem tonisch-klonischen Anfall. Davor war ihre Atmung (Apnoe) geschwächt und mehr oder weniger gleichzeitig auch Herzschlag (Bradykardie). Diese Opfer hatten auch auf ihrem Bauch gelegen.
Kann man etwas unternehmen, um SUDEP zu verhindern? Und wie große ist das SUDEP-Risiko? In einer aktuellen Publikation (Neurology, 16. Oktober 2018 von Marije van der Lende u.a.) wurden SUDEP-Fälle bei Bewohnern in Epilepsieeinrichtungen untersucht. Das durchschnittliche SUDEP-Risiko betrug 3,5 pro 1.000 Jahre (Zum Vergleich: Das ist 100-mal höher als das durchschnittliche Risiko, an einem Verkehrsunfall in den Niederlanden zu sterben).
Personen mit SUDEP-Erfahrungen in Großbritannien ⤵
Gibt es etwas, was wir dagegen tun können? Ja, denn eine wichtige Schlussfolgerung war, dass es bei Vorhandensein einer guten Überwachung dreimal weniger häufig zu SUDEP kam im Vergleich zu Situationen, in denen der Anfall des Patienten unbemerkt blieb. In dem Artikel wurde nicht untersucht, welche Art der Nachsorge zu einer wesentlichen Verbesserung führte. Es wurde nur ein Zusammenhang hergeleitet zwischen einem geringen SUDEP-Risiko und der Wahrscheinlichkeit des Bemerkens des Anfalls durch eine andere Person. Und in dem Artikel wurde deutlich konstatiert, dass infolge von SUDEP verstorbene Personen fast immer in der Bauchlage aufgefunden worden sind (obwohl die Bauchlage überhaupt nicht als typische Haltung nach einem epileptischen Anfall gilt).
Eine ältere Studie kam zu einer ähnlichen Schlussfolgerung in Bezug auf den Effekt der Betreuung von Patienten mit ständigen epileptischen Anfällen. Die Schlussfolgerung war, dass das SUDEP-Risiko wesentlich geringer sei, wenn eine zweite Person (mindestens 10 Jahre alt und ohne geistige Behinderung) im selben Raum schlief (Anmerkung: auch hier wurde die Art der Betreuung durch diese Person nicht untersucht).
Es ist deutlich, dass weitaus mehr Studien erforderlich sind, um wirklich nachvollziehen zu können, welche Mechanismen hinter SUDEP stecken. Andererseits hat man in den wissenschaftlichen Studien der letzten Jahre viel Klarheit bezüglich der Fakten schaffen können, die uns im Groben und Ganzen dabei helfen, unsere ganz persönlichen Entscheidungen zu treffen.
Lasst uns so viel wie möglich Wissenswertes teilen! Auch Dinge, die schon vor Längerem entdeckt wurden und vielleicht wieder in Vergessenheit geraten sind. Die Geschichte von Dr. Spock soll uns immer daran erinnern, den Stand von Wissenschaft und Praxis immer auch kritisch zu hinterfragen.
