„Aufklärung im Rahmen eines Arztgespräches sollte schriftlich dokumentiert werden“

Thomas Porschen, 57, verheiratet und ein echter „Kölscher Jung“, ist eine bekannte und sehr geschätzte Größe in der deutschen und europäischen Epilepsie-Selbsthilfe. Seit vielen Jahren hilft er mit seinem lokalen und überregionalen Engagement den Epilepsiebetroffenen auf allen Ebenen – im Bereich der Aufklärung, Selbsthilfe, Prävention, und politisch durch Netzwerk- und Verbandsarbeit.

Wir freuen uns sehr, Thomas als NightWatch-Botschafter für Deutschland vorstellen zu dürfen. Auch wenn Thomas dank der neueren ASM (Anti Seizure Medication) seit über 12 Jahren anfallsfrei ist, weiß er aus eigener Erfahrung, wie wichtig eine zuverlässige Anfallsüberwachung und möglichst genaue Dokumentation ist.

Als junger Erwachsener wurde die Epilepsie bei Thomas nach einer Angiom-Operation diagnostiziert. Lange Zeit war er durch schwere tonisch-klonische Anfälle belastet, die nachts und unter anderem auch während des Tages auf der Arbeit oder während des Einkaufens auftraten. Sein bis dahin normales Leben, auch mit Freunden seines Alters, veränderte sich durch die Anfälle. Irgendwann hatte Thomas beschlossen, an einer Selbsthilfegruppe teilzunehmen und fand schnell heraus, dass er mit seiner Form der Epilepsie im Vergleich zu vielen anderen gut am Alltagsleben teilnehmen kann und engagierte sich seither intensiv für Aufklärung, Selbsthilfe und Prävention.

Medizinische Fachsprache versus Verständlichkeit für Betroffene

Epilepsie ist eine chronische Erkrankung und wie bei allen Erkrankungen ist auch die Epilepsie von vielen medizinischen Ausdrücken geprägt, mit denen die Betroffenen zurecht kommen müssen. „Gerade hat man sich als Patient an den Begriff Anti-Epileptika (auf englisch AED = Anti Epileptic Drugs) gewöhnt, wurde eine neue Nomenklatur eingeführt und jetzt soll nur noch der neue Begriff ASM (=Anti Seizure Medication) verwendet werden, für den es noch keine gute deutsche Übersetzung gibt“.

Für Thomas ist wichtig, dass die verwendete Fachsprache und die Probleme und Risiken in Verbindung mit der Epilepsie für die Patienten verständlich und anwendbar ist – aus der Sicht der Betroffenen sollte der Fokus auf alles gelegt werden, was den Patienten in der Bewältigung ihrer Krankheit und des Alltages hilft.

Insbesondere gilt dies für die Aufklärung und Hilfestellung im Bereich des SUDEP „Sudden Unexpected Death in Epilepsy “, auf deutsch: plötzlicher unerwarteter Tod bei Epilepsie. Bereits in den 1990er Jahren hat Thomas das Thema SUDEP als Schwerpunktthema für sich selbst gesehen. „Ein Schlüsselerlebnis war für mich die etwa 100-seitige Veröffentlichung von Epilepsy Australia und Epilepsy Bereaved von 2005“. Alle Verstorbenen waren zwischen 11 und 31 Jahre alt – die Schicksale haben ihn sehr berührt und seine Arbeit seitdem stark beeinflusst.

„In Deutschland wurde zu dieser Zeit das Thema SUDEP in der Fachwelt nicht breit diskutiert und Patientenaufklärung war nichtselbstverständlich“. Seit diesem Zeitpunkt hat Thomas versucht, dass sich die medizinische Fachwelt, Patienten und Angehörige mehr für das Thema interessieren. Erst in den letzten Jahren wird offener über SUDEP gesprochen.

SUDEP-und Patienten-Aufklärung

Auch wenn Thomas seit langen Jahren anfallsfrei ist, fühlt er sich nicht immer sicher. Er fragte seine Ärztin, ob sie ihn bitte über sein persönliches SUDEP-Risiko aufklären können und ob er trotz Anfallsfreiheit eventuell SUDEP-gefährdet sein könnte, da ja sein Anfallsmuster unter anderem nächtliche bilaterale tonisch-klonische Anfälle sind, darüber hinaus schläft er allein. Die Ärztin sagte ihm, dass man auch an anderen Dingen versterben kann, wie andere normale Menschen (zu denen er durch seine langjährige Anfallsfreiheit zählt). Sie wies ihn darauf hin, dass er sich ein Anfallsüberwachungsgerät gerne zulegen könne. Thomas fühlt sich durch das Gespräch gut beraten. Wichtig ist für Thomas, dass ein Aufklärungsgespräch dokumentiert wird und ein Patient später eine Zusammenfassung oder einen Patientenbrief über das Aufklärungsgespräch schriftlich erhält.

Neue Epilepsie Leitlinien 2023

Bei Patientenveranstaltungen werden viele Fragen zur Alltagsbewältigung und Risikoreduktion in Bezug auf die Epilepsieerkrankung gestellt. Die Betroffenen möchten wissen, was sich auf dem Markt tut und welche Hilfsmittel angeboten werden. Der Markt ist in Bewegung und von Apps bis Wearables wird viel Innovatives angeboten. Für viele Betroffene ist es schwierig, einen Überblick zu bekommen und dazu bedarf es Unterstützung von Seiten der Fachwelt, der Krankenkassen, der Epilepsie-Beratungsstellen und der Selbsthilfegruppen.

„Wichtig sind dabei vor allem die W-Fragen: Was ist das? Warum bei mir? Wie funktioniert es? Wen trifft es? Wie häufig ist es? Was sind mögliche Auslöser? Was kann ich zur Vorbeugung tun? Was kann ich im Notfall tun? Was kann ich als direkter Angehöriger (Eltern, Partner) machen, damit es nicht passiert? Wo finde ich Hilfe?“

2023 sollen die neuen Epilepsie-Leitlinien vorgestellt werden. Aus der Sicht vieler Betroffener ist es notwendig, dass Aufklärung im Rahmen des Arztgespräches schriftlich festgehalten wird und die Patienten darüber hinaus Fachinformationen bekommen, die verständlich formuliert ist und in der übersichtlich verschiedene Hilfsmöglichkeiten vorgestellt werden (wie z.B. Anfallsüberwachung mit NightWatch), mit einer Nennung von Vermittlern oder Ansprechpartnern.

Wenn Thomas im Gespräch mit anderen Epilepsie-Patienten ist, geht es überwiegend um zwei zentrale Themen: Sicherheit und Verbesserung der Lebensqualität. Und das auf möglichst einfache und verständliche Weise.

Zu Thomas Porschen

Thomas Porschen ist seit 2021 Ansprechpartner der Deutschen Epilepsievereinigung für das Internationale Buerau for Epilepsie (IBE) – dem internationalen Dachverband der Selbst- und Laienhilfsorganisationen bei Epilepsie – und Vice-Chair des European Regional Executive Committee (EREC) des IBE als auch Ansprechpartner der Dt. Epilepsievereinigung für Fragen zum plötzlichen Epilepsietod (SUDEP). Seit 2022 ist er stopSUDEP-Botschafter für die Oskar-Killinger-Stiftung. Ab Dezember 2022 ist er auch NightWatch-Ambassador für Deutschland. Er leitet ebenso eine regionale Epilepsie-Selbsthilfegruppe (derzeit digitale Meetings) und engagiert sich überregional u.a. auch für den Landesverband Hessen. Direkter E-Mail-Kontakt zu Thomas: info@epilepsie-online.de

Lieber Thomas, vielen Dank für Deinen sehr geschätzten Beitrag und Deinen Einsatz für die Epilepsie-Patient:Innen.

Das NightWatch-Team

 

Story von Birgit-Elisabeth Langen