FROHE WEIHNACHTEN…. wir geben nicht auf 😊
…es gibt ja Zeiten, da wollen Kinder – und auch die, die von Epilepsie betroffen sind, nichts von ihrer Krankheit wissen. Da wollen sie von ihren Eltern nichts wissen und sind, wie man so schön in Bayern und Österreich sagt „Zwiderwurzn“. Und dann soll auch noch jeden Abend vorm Schlafen eine NightWatch angelegt werden („auch wenn sie für ein Gesundheitsprodukt ja recht chic aussieht“ 😉). Na gratuliere!
Aber jetzt ist Weihnachtszeit – Zeit für friedliches und freudvolles Miteinander, Zeit, etwas zur Ruhe zu kommen und Zeit, um Danke zu sagen. Die folgende Geschichte ist von mir für alle engagierten Menschen im Bereich Epilepsie (weiblich, männlich, divers etc.) wie z.B. Epilepsiebetroffene, Eltern, Betreuer, Pfleger, Kümmerer, Ärzte, Forscher, Krankenkassen, Medizingerätehersteller, Chefs, Angestellte, Pharmaunternehmen, Beratungsstellen, Ehrenamtliche, Stiftungen, Freunde usw.: Ihr seid wunderbar und großartig – durch euch geschieht jeden Tag Hilfe, Unterstützung, Fortschritt und manchmal geschehen auch kleine und große Wunder (die wir alle brauchen).
Leider erleben wir aber gerade im Bereich der Epilepsie nach wie vor Stigmatisierung, Angst, Negativität, Unwissenheit, manchmal Ignoranz, Arroganz und nicht nachvollziehbare Entscheidungen, die – leider, manchmal auch in der Konsequenz zu wahrscheinlich vermeidbarem Leid führen können und auch schon geführt haben – und dies erleben wir vor allem, wenn es um das Thema SUDEP und auch wenn es um das Thema Teilhabe geht.
Als Hersteller des von den Anwendern sehr gut akzeptierten NightWatch Epilepsie Anfallserkennungssystems unterstützen wir Vernetzung von Akteuren im Gesundheitsbereich, Digitalisierung und Vereinfachung der Abläufe als auch verschiedene Aktivitäten, die ermöglichen, frei und offen über alle Möglichkeiten und Risiken der Erkrankung zu sprechen und Betroffene (Epilepsieerkrankte und Betreuende) über alle Chancen, Risiken und Möglichkeiten aufzuklären – denn das sollte heutzutage normal sein.
Bild: Charité Berlin – Blick aus dem Krankenhauszimmer, 2022
Heute in meinem Fokus: Kerstin – eine Mama, die aus Betroffenheit und Ihrer beruflichen Expertise nach Lösungen, Vernetzung und Fortschritt sucht. Als Mutter von vier Kindern (Patchwork) und beruflich engagiert als Senior Marketing & PR Manager beim SHD System-Haus-Dresden GmbH setzt sie sich dafür ein, dass das Wissen von Epilepsiekliniken und Kompetenzzentren besser vernetzt wird.
Die Frage, die sie treibt, ist: Wieso hat ein Arzt nicht bessere Therapieoptionen? „Die Patientenakten liegen oft in Papierform vor. Es besteht dringend Bedarf nach einem digitalen Datenaustausch der Kompetenzzentren. Datenanalysen geben Aufschluss z.B. für die Entwicklung von Frühwarnsystemen. Selektionsmöglichkeiten z.B. nach medikamentösen Therapien würden Ärzten eine gezielte und deutlich bessere Behandlung ermöglichen.“
Mit dem Unternehmen SHD hat sie im Sommer 2023 im Rahmen der 120-Jahr-Feier des VDK (Verband der Krankenhausdirektoren) den Film „Epilepsie – die bessere Versorgung durch Digitale Datenanalyse und Vernetzung der Spezialzentren“ produziert, in dem sie unter anderem das Engagement des Teams von Frau Prof. Dr. Angela Kaindl, Direktorin der Kinderklinik / Abt. Neuropädiatrie an der Charité Universitätsklinik, in Sachen Forschung, Therapie, Prävention und Hilfestellung bei Epilepsie vorstellt und über das SUDEP-Präventionsprogramm an der Charité berichtet. Ein emotionaler Fokus des Films ist die Erfahrung und das Engagement von Dr. Iris Killinger, Mitgründerin der Oskar-Killinger-Stiftung aus Hamburg. Der tragische SUDEP-Tod ihres14jährigen Sohnes Oskar begründet den starken Einsatz und die sehr gut sichtbare Kampagne für das Ziel der Stiftung: stopSUDEP!
Hier ist der Link zum Video: https://www.youtube.com/watch?v=Oi5Lp17MJKQ
Kerstin wird sich im nächsten Jahr als stopSUDEP-Botschafterin engagieren und plant Kampagnen zum Thema stopFREIFALL und stopNOTFALL, um ihre Erfahrung und Wissen in die Weiterentwicklung der Aufklärung und Prävention im Bereich Epilepsie einzusetzen.
Auch bei Kerstin und ihrer Familie hat sich seit der Diagnose Epilepsie das Leben komplett verändert. Man versucht, die Erkrankung in das Leben zu integrieren und das Leben so „normal“ wie möglich zu gestalten. Als der Sohn 11 Jahre alt ist und auf dem Weg zur Schule den neuen Schulweg ausprobiert, bleibt er plötzlich wie aus dem Nichts stehen, und kommt erst wieder nach einer Zeit der Abwesenheit zu sich – und das gleich mehrere Male hintereinander. „Und dann ist er einfach so über die Straße gegangen“, sagt Kerstin. „Das hat mich am meisten geschockt, aber verstanden, was da los ist, habe ich damals nicht.“
„Am Anfang wusste ich nicht, ist das Pubertät, ist das normal? – auch die Ärzte waren ratlos. Nach einem halben Jahr pausenloser und fruchtloser Arztbesuche ohne eindeutige Diagnose haben wir ein Bett im Epilepsiezentrum Kleinwachau bekommen und dort wurde dann die Diagnose gestellt: Epilepsie“.
Im Epilepsiezentrum Kleinwachau hat die Familie in Nils Holert, Facharzt für Kinder und Jugendmedizin, Schwerpunkt Neuropädiatrie, Leiter der Kinder und Jugend Epileptologie Kleinwachau, einen hervorragenden Facharzt gefunden, dem sie, und vor allem der Sohn, zu 100% vertrauen und der sie seitdem gut begleitet. Trotz anfallssuprimierender Medikamente (ASM) treten täglich Anfälle in Form von Absencen auf – er ist somit therapierefraktär – was den Sohn nervt und die Eltern besorgt (Anm. der Redaktion: bei ca 30% der Epilepsiebetroffenen können trotz ASM weiterhin Anfälle auftreten). Neben Absencen traten 2022 auch zwei schwere tonisch-klonische Anfälle (früher: Grand mal) auf, das führte zu Änderungen bei den Medikamenten (dauerhaft 3 Medikamente gleichzeitig) und diese haben Einfluss auf den Sohn und auf die Sorge der Mutter.
Krankenhausaufenthalt in der Weihnachtszeit mit Schutzengel-Wichtel
Der Sohn ist ein guter und sehr engagierter Schüler, der Schul- und Klassensprecher war und sich jetzt auf seinen Schulabschluss konzentriert. Für ihn ist das Leben „fast“ normal – mit guten und mit schlechten Tagen. „Gerade für Heranwachsende und junge Erwachsene ist das Leben mit der ständigen Gefahr eines Anfalls nicht leicht: kein Führerschein, eingeschränkte Berufswahl, kaum Wassersport und wie ein selbstbestimmtes Leben im eigenen Haushalt ermöglichen, um nur einige Beispiele zu nennen.“ Manche Berufe dürfen von Epilepsiebetroffenen nicht ausgeübt werden – wie z.B. Pilot – möglicherweise denkt man darüber erst nach, dass man das werden möchte, wenn man erfährt, dass man es niemals werden DARF.
Oft werden sportliche Aktivitäten bei Epilepsiebetroffenen nur sehr eingeschränkt empfohlen – was für die Betroffenen selbst große Einschränkungen bedeuten. „Skifahren – Abfahrtsskifahren – wird ja in der Regel nicht empfohlen. Wir haben jedoch ein Skigebiet gefunden, in dem es überwiegend Gondeln und Schlepplifte gibt –in Österreich – hier waren wir zur Freude der ganzen Familie ein paar Tage zum Teil mit Skilehrer sicher unterwegs“.
In Saalbach-Hinterglemm beim Skifahren
„Da im Langzeitmonitoring auch viele nächtliche Anfälle erkannt wurden, wird jetzt zur Anfallserkennung – und damit alle wieder ruhiger schlafen können – das Wearable NightWatch eingesetzt, das vorerst nach langen und kraftzehrendem Schriftverkehr mit der Krankenkasse und dem Medizinischen Dienst zu meiner großen Freude für eine Erprobung von 3 Monaten genehmigt wurde“, sagt Kerstin. „An dieser Stelle ein Dankeschön an die Kollegin der Krankenkasse, die mir zuhörten und verstanden haben, was das bedeutet.“
Der Grund der zuerst restriktiven Haltung bei der Krankenkasse: Doppelversorgung. Die Familie hatte zu Beginn der Erkrankung einen Bewegungssensor genehmigt bekommen, der jedoch nicht zufriedenstellend funktionierte. „Es ist zu aufwändig, eine gute und wirksame Versorgung zu bekommen. Ein Kind oder junger Erwachsener trägt das doch nicht zum Spaß“, hatte Kerstin der Krankenkasse mitgeteilt. Erst nach mehreren Interventionen – von Seiten des Arztes, von der Seite der Familie und auch von unserer Herstellerseite, bewegte sich nach fast einem halben Jahr nach Antragstellung etwas. „Das dauert alles viel zu lang – die Menschen haben ja in dem Moment Bedarf, wo Ärzte und Patienten/Angehörige miteinander sprechen – und was macht man denn in der Zwischenzeit? Es geht um ein tödliches Risiko – es geht hier knallhart um das Leben meines Sohnes!
Ja, es scheint so, dass es noch ein Kraftakt ist, bis es eine Versorgungssicherheit mit z.B. Hilfsmitteln für Epilepsiebetroffene, die trotz Medikamenten Anfälle bekommen, gibt. In diesem Sinne gehen wir euch auch weiterhin gemeinsam mit den Engagierten im Bereich der Epilepsie gut gemeint auf die Nerven – damit sich etwas bewegt.
Wir wünschen allen eine friedliche und segensreiche Weihnachtszeit und einen guten Rutsch ins neue Jahr.
Eure Lilli Langen von NightWatch